Wirtschaftsspiegel Thüringen 2/2015 - Thüringer Schätze - page 37

Gesundheitswesen
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Grafik: TK
Maximalversorgung/Unikliniken/
Innovation
Spezialversorgung
Grund- und Regelversorgung; Integrierte
Versorgungszentren
Vertragsärzte und arztentlastende
Strukturen
(z. B. durch Spezialisierung und Akademisierung von
Pflegepersonal)
Krankenhaus
Leistung
Ambulante
Leistung
Am jeweiligen medizinischen Bedarf orientierte, flexible
Versorgungsstufen
Die für die medizinische Versorgung zuständigen Bereiche sind in Thüringen
derzeit klar voneinander getrennt. Das gilt insbesondere für die Abgrenzung
zwischen stationärer und ambulanter Versorgung.
Flexible Versorgungsstrukturen
für Thüringer Gesundheitswesen
Diese tradierten Strukturen, die alle
Beteiligten gewöhnt sind, sollten nach
Ansicht der Techniker Krankenkasse
(TK) mit Hilfe von realen Kennziffern
und standardisiert erhobenem regiona-
len Bedarf überprüft werden.
„Der Freistaat braucht flexiblere Mög-
lichkeiten für die medizinische Versor-
gung, unter anderem um dem demogra-
fischen Wandel Rechnung zu tragen“,
sagt Guido Dressel, Leiter der TK-Lan-
desvertretung Thüringen. „Dafür sollten
Ansätze in Angriff genommen werden,
die nicht nur ambulante und stationäre
Versorgung, sondern auch Rettungs-
dienste, Pflegeleistungen und Tele-
medizin sektorenübergreifend mitei-
nander verbinden.“
Integrierte Versorgungs-
zentren etablieren
Regional unterschiedliche Bevölke-
rungsentwicklungen sind in Thüringen
nicht zu übersehen: Es leben immer mehr Menschen
in größeren Städten und Ballungsgebieten sowie in
deren Umgebung, kombiniert mit weniger Einwohnern
bestimmter ländlicher Gebiete. Dazu kommen be-
grenzte Ressourcen, sowohl finanzieller Natur als
auch bezogen auf Fachkräfte.
In Zukunft wird es nach Einschätzung der Kranken-
kasse weder nötig noch bezahlbar sein, in einem
Krankenhaus in nächster Nähe ein breites, auf viele
Eventualitäten spezialisiertes Versorgungsspektrum
anzubieten. Vielmehr sind Kliniken mit Grundver-
sorgung und einigen ausgewählten Spezialisierungen
sinnvoll.
„Krankenhäuser, die vor allem die Basisversorgung ga-
rantieren und deren Leistungen an der Schnittstelle
zur ambulanten Versorgung liegen, sollten sich künf-
tig auch in der Form eines so genannten Integrierten
Versorgungszentrums (IVZ) aufstellen können“, sagt
Dressel.
In diesen medizinischen Zentren würde ein Großteil
notwendiger Facharztdisziplinen für die ambulante
Behandlung vorgehalten. Gleichzeitig
wäre durch eine ausreichende medizi-
nisch-technische Ausstattung die statio-
näre Grundversorgung sichergestellt.
Patienten, die eine intensivmedizini-
sche Behandlung benötigen, würden im
Krankenhausbereich des IVZ erstver-
sorgt und können anschließend in Spe-
zialkliniken verlegt werden.
Sektorenübergreifende
Vergütungsmöglichkeiten
Soll in den IVZ die medizinische Betreu-
ung flexibel ermöglicht werden, wird
eine entsprechende Vergütungsmög-
lichkeit der Leistungen nötig.
Dazu sollten neu zu kalkulierende
Hybrid-DRGs eingeführt werden. Das
sind Fallpauschalen für minder schwe-
re Leistungen, die in gleicher Höhe ver-
gütet werden, unabhängig davon, ob sie
ambulant, tagesklinisch oder stationär
erbracht werden. Allein die medizini-
sche Notwendigkeit entscheidet. Bei
der Wahl des Behandlungssektors wür-
den so finanzielle Aspekte in den Hin-
tergrund treten.
Thüringen als Pilotregion?
Die Finanzierung beziehungsweise Ver-
gütung medizinischer Leistungen ist ein
hochkomplexes System. Neue Ansätze
müssen deswegen zuerst in Modell-
regionen erprobt werden. Für die Hyb-
rid-DRGs kann Thüringen so eine Pilot-
region sein. Die TK analysiert gegen-
wärtig mit Partnern aus dem ambu-
lanten und stationären Bereich Mög-
lichkeiten neuer Vergütungsformen,
stellt erste Kalkulationen auf, erarbeitet
Qualitätskriterien und ein konkretes
Finanzierungsmodell. Die politischen
Reformvorstellungen werden damit in
Thüringen bereits jetzt konkret ange-
gangen.
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